Wien ist Stadt der Menschenrechte. Geht es aber um Christenverfolgung, ist Wien leider taub

Wien ist Stadt der Menschenrechte. Dem geneigten Leser von städtischen Werbefoldern, dem interessierten Zuhörer von Sonntagsreden schwillt vor Stolz die Brust. Immerhin, man lebt nicht nur in einer internationalen, diversen, multikulturellen Stadt, nein, man lebt auch in einer Stadt der Menschenrechte. Leider geht diese Selbstbezeichnung nicht über den ideologischen Tellerrand hinaus. Was bei den NEOS erwartbar, bei den Sozialdemokraten aber beschämend ist.

Der Titel geht auf eine 2014 beschlossene Deklaration zurück, 2015 wurde ein Menschenrechtsbüro in Wien eröffnet. Damit setzt sich die Stadt zum Ziel, Sensibilisierung und Aufklärung zu Menschenrechtsthemen zu leisten. Nun haben Menschenrechte jedoch nicht nur städtische oder nationale Bedeutung, vielmehr muss ein menschenrechtlicher Ansatz international sein und auf allgemein gültigen Prinzipien beruhen. Daraus leitet sich die Verpflichtung ab, Menschenrechtsverletzungen in anderen Teilen der Welt aufzuzeigen.

Folgerichtig müsste die Stadt Wien auch zu der weltweiten Verfolgung einer Religionsgemeinschaft aktiv Stellung nehmen. Die Präsentation des neuen Open Doors Verfolgungsindex, der einen dramatischen Anstieg der weltweiten Verfolgung von Christen nachweist, verhallte jedoch unkommentiert. Also gaben wir der Stadtregierung die Gelegenheit, sich deutlich und zugleich politisch unverfänglich gegen Verfolgung aufgrund von Religionszugehörigkeit zu positionieren. Folgenden Antragstext brachte die Neue Volkspartei in der Gemeinderatssitzung vom 28. Januar ein:

„Wien ist Stadt der Menschenrechte. Der Wiener Gemeinderat verurteilt jede Form der Verfolgung religiöser Minderheiten, besonders der weltweit meistverfolgten Religionsgemeinschaft, der Christen. Die Stadt Wien wird in ihrem Einflussbereich religiöse Diskriminierung bekämpfen und aktiv für den Schutz vulnerabler Gruppen, beispielsweise christlicher Konvertiten, eintreten.“

Zusätzlich beantragten wir die Teilnahme am internationalen Red Wednesday als Zeichen der Solidarität. Im Rahmen des Red Wednesday werden öffentliche Gebäude rot angestrahlt. Vergangenes Jahr waren das Parlament, einige Ministerien und Kirchen dabei. Die Stadt kennt dieses Konzept vom „Orange the World“, einer gleich funktionierenden Kampagne gegen Gewalt an Frauen. Gewalt ist Gewalt, möchte man meinen.

Um den Ausgang vorweg zu nehmen: Die SPÖ lehnte beide Anträge ab. Und fand es nicht einmal der Mühe wert, ihr Abstimmungsverhalten zu begründen. Weil es sie nicht interessiert. Weil eh niemand darüber berichtet. Weil niemand protestiert. Weil die Opposition den Antrag einbringt. Vielleicht auch aufgrund einer tiefsitzenden Abneigung gegenüber der eigenen religiösen Tradition, an der Sigmund Freud seine Freude gehabt hätte.

Das ist besonders seitens der Sozialdemokratie ein beschämend kleingeistiges Verhalten. Die Sozialdemokratie trat einst an, um sich für die Schwächsten der Gesellschaft einzusetzen. Um grundlegende Rechte zu erkämpfen, Rechte von Arbeitern, Rechte von Frauen und vulnerablen Gruppen. Darüber hinaus weiß die Sozialdemokratie aus ihrer eigenen Geschichte, was Verfolgung ist. Leid aufgrund von Verfolgung ist ihr also nicht fremd. Drittens ist die Sozialdemokratie international ausgerichtet, was nur konsequent ist, nachdem sie „das Menschenrecht“ international „erkämpft“.

Aus der Ablehnung können zwei Schlüsse gezogen werden: Ein Oppositionsantrag wird prinzipiell nicht angenommen. Oder: Die Einhaltung der Menschenrechte wird nur für ausgewählte (Wähler-) Gruppen eingefordert. Die erste Möglichkeit ist kleingeistig, die zweite gefährlich.

Der offensichtlichen Ignoranz zum Trotz sprechen wir das Thema alljährlich anlässlich der Veröffentlichung des Open Doors Index an, damit die im Gemeinderat versammelten 100 Personen zumindest wissen, welche Verbrechen weltweit an Christen begangen werden. Damit Unrecht nicht verschwiegen wird.

Antrag betreffend Christenverfolgung

Antrag betreffend Red Wednesday